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2023

Stadtführung

Im Rahmen des Toleranz-Tunnels bietet das Stadtarchiv Detmold eine Stadtführung an:

Samstag, 29. April, 15 Uhr: Detmold 1933. Orte der Demokratie und Diktatur. Treffpunkt zum Rundgang: 15 Uhr Theater. Dauer 1,5 -2 Std.

Dr. Bärbel Sunderbrink. Veranstaltung des Stadtarchivs Detmold. Kostenfrei.

1933 war das Jahr der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Der Rundgang führt zu historischen Orten, die für dieses Ereignis besondere Bedeutung hatten. Im Lippischen Landestheater kam es bereits 1932 zu einen antisemitischen Übergriff auf den Vortragskünstler Joseph Plaut. Der Lippische Landtag am Kaiser-Wilhelm-Platz verlor mit der Landtagswahl vom 15. Januar 1933 seine demokratische Mehrheit. Bald saßen Schutzhäftlinge in den Zellen des benachbarten Gerichtsgefängnisses ein. Weiter geht es zum Gebäude des Volksblatts, wo der jüdische Journalist Felix Fechenbach bis zum Verbot der Zeitung scharfe Kritik an den Nationalsozialisten übte. Der Rundgang schließt am Rathaus, wo sich Oberbürgermeister Dr. Emil Peters nach der Reichstagswahl vom 5. März 1933 weigerte, die Hakenkreuzflagge zu hissen.

 

 

Gedenktafel für Joseph Plaut am Landestheater Detmold

Die vom Salzufler Künstler Horst Schneider gestaltete Gedenktafel für den in Detmold geborenen jüdischen Vortragskünstler Joseph Plaut wurde am 11. April am Landestheater feierlich enthüllt. Die Historikerin und Mitarbeiterin des Stadtarchivs Detmold Gudrun Mitschke-Buchholz erinnerte an Plauts Leben und Wirken und lobte: „Das Landestheater Detmold stellt sich nun ein weiteres Mal der Geschichte und dokumentiert öffentlich, dass auch das Theater ein Ort eines antisemitischen Übergriffs war. Das Theater stellt sich damit öffentlich sichtbar auf die Seite des jüdischen Künstlers Joseph Plaut.“ Alt-Bürgermeister Friedrich Brakemeier las einen Text Plauts und begrüßte die Gedenktafel als „sichtbares Erinnerungsstück an dem Ort an dem er gewirkt hat“. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von Künstlern des Landestheaters.

Das Datum der Enthüllung ist nicht zufällig gewählt, es ist der Jahrestag des sogenannten Theaterskandals von 1932. Am 11.04.1932 trat Joseph Plaut im Landestheater auf und sang u. a. das bekannte und beliebte Spottlied auf die „Lippischen Schützen“. Die Ortsgruppe der NSDAP fasste dies als Provokation auf und störte die Aufführung mit Pöbeleien und Stinkbomben, wie die Lippische Landeszeitung berichtete. Joseph Plaut überlebte den NS-Terror, da er bereits 1936 emigrieren konnte.

Der Salzufler Künstler Horst Schneider war mit der Idee, den Kopf von Josef Plaut zu modellieren, an die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit herangetreten, wie die Vorsitzende Micheline Prüter-Müller berichtete, und hatte um einen informierenden Begleittext gebeten. So entstand die Gedenktafel als Gemeinschaftswerk. Horst Schneider führt in Bad Salzuflen eine Werkstatt für Stuckarbeiten und ist als kundiger und kreativer Restaurator in ganz Europa unterwegs.

80 Jahre Niederschlagung Warschauer Ghettoaufstand

Dr. Bärbel Sunderbrink: 80 Jahre Niederschlagung Warschauer Ghettoaufstand
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Haus Münsterberg, Hornsche Straße 38, Detmold

Als das Warschauer Ghetto im April 1943 aufgelöst werden sollte, war es der Detmolder SS- und Polizeiführer Jürgen Stroop, der diese „Aktion“ leitete. 56.000 Menschen wurden dabei umgebracht. Stroops Bericht mit dem Titel „Es gibt keinen jüdischen Wohnbezirk in Warschau mehr!“ dokumentiert sein brutales Vorgehen.

Die deutschen Besatzungstruppen hatten nach dem Überfall auf Polen 1940 in Warschau ein Ghetto eingerichtet. Auf engstem Raum wurden insgesamt eine halbe Millionen Menschen eingepfercht, zunächst polnische Juden, später auch Juden aus dem Deutschen Reich - auch aus Lippe und 32 Menschen aus Detmold. Im Rahmen der "Endlösung der Judenfrage" sollte das Ghetto aufgelöst und die Menschen ins extra dazu eingerichtete Vernichtungslager nach Treblinka gebracht werden. Am 19. April 1943 begann die Räumung des Ghettos. Himmler hatte den als durchsetzungsstark geltenden SS-Brigadeführer Jürgen Stroop zum Leiter dieser "Aktion" bestimmt. Als es zu bewaffnetem Widerstand kam, setzte Stroop schwere Geschütze ein. Die Menschen im Ghetto hatten keine Chance gegen die deutsche Übermacht.

Jürgen Stroop erklärte die "Aktion" am 16. Mai 1943 mit der Sprengung der Großen Synagoge für beendet. Nach dem Zweiten Weltkrieg musste sich Jürgen Stroop vor einem US-Militärgericht wegen der Ermordung amerikanischer Flieger verantworten. Nach Beendigung des Prozesses wurde er nach Polen ausgeliefert. Dort hat ihn das höchste polnische Gericht für seine Verbrechen im Warschauer Ghetto zum Tode verurteilt.

Die Stadtarchivarin Dr. Bärbel Sunderbrink hält anlässlich des Jahrestages einen Vortrag über die Niederschlagung des Warschauer Ghetto Aufstandes. Beginn ist um 19.30 Uhr.

 

 

Im Rahmen des Toleranz-Tunnels bietet das Stadtarchiv Detmold eine Stadtführung an

Samstag, 29. April, 15 Uhr: Detmold 1933. Orte der Demokratie und Diktatur.

Treffpunkt zum Rundgang: 15 Uhr Theater. Dauer 1,5 -2 Std.  

Dr. Bärbel Sunderbrink. Veranstaltung des Stadtarchivs Detmold. Kostenfrei.

1933 war das Jahr der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Der Rundgang führt zu historischen Orten, die für dieses Ereignis besondere Bedeutung hatten. Im Lippischen Landestheater kam es bereits 1932 zu einen antisemitischen Übergriff auf den Vortragskünstler Joseph Plaut. Der Lippische Landtag am Kaiser-Wilhelm-Platz verlor mit der Landtagswahl vom 15. Januar 1933 seine demokratische Mehrheit. Bald saßen Schutzhäftlinge in den Zellen des benachbarten Gerichtsgefängnisses ein. Weiter geht es zum Gebäude des Volksblatts, wo der jüdische Journalist Felix Fechenbach bis zum Verbot der Zeitung scharfe Kritik an den Nationalsozialisten übte. Der Rundgang schließt am Rathaus, wo sich Oberbürgermeister Dr. Emil Peters nach der Reichstagswahl vom 5. März 1933 weigerte, die Hakenkreuzflagge zu hissen.   

 

 

Koloniale Spuren in Detmold. Ein Stadtrundgang

In Kooperation mit der VHS Detmold-Lemgo und dem Naturwissenschaftlichen und Historischen Verein 
Treffpunkt: Dienstag, 13. Juni 2023, 17 Uhr, Bismarckstraße / Paulinenstraße.

Die Koloniale Vergangenheit Deutschlands ist ein historisches Thema, dessen Nachwirkungen erst in den letzten Jahren ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gedrungen sind, dies aber nun mit großer Aufmerksamkeit. Stadtarchivarin Dr. Bärbel Sunderbrink und die Kulturwissenschaftlerin Dr. Barbara Frey stellen auf dem Rundgang Stationen vor, die Detmolds Geschichte mit der kolonialen Vergangenheit verbinden. Der Rundgang startet am Kaiser-Wilhelm-Platz und führt entlang des Lippischen Landesmuseums, Theaters und Schlosses weiter zur Bruchstraße, wo sich bis in die 1950er Jahre einer der zahlreichen Kolonialwarenläden befand. In der Langen Straße wurde Tabak aus Kuba und Sumatra verarbeitet und in der Martin-Luther-Kirche erinnert eine Gedenktafel an einen Matrosen, der bei der Eroberung der ersten deutschen Kolonie sein Leben ließ. Weitere Stationen finden sich an der Hornschen Straße: Dort druckte die Firma Klingenberg exotische Werbebilder. Das Ebertsche Palais, heute Lippische Landesbibliothek, zeugt von dem ungeheuren Wohlstand, der im Kolonialhandel erworben werden konnte.


Informationen: Dr. Bärbel Sunderbrink, 0521/766-110 oder stadtarchiv@detmold.de

 

 

Stadtsanierung in Detmold: Vom Gigantismus zur historischen Innenstadt

Wir laden ein zur Auftaktveranstaltung des neuen Stadtgeschichtlichen Projekts

Stadtsanierung in Detmold:

Vom Gigantismus zur historischen Innenstadt

Dienstag, 21.03.2023 um 18:00 Uhr

Rathaus am Markt, Großer Sitzungssaal, Marktplatz 5

Dr. Bärbel Sunderbrink (Leiterin Stadtarchiv Detmold), Friedrich Brakemeier (Altbürgermeister) und Petra Schröder-Heidrich berichten über das Projekt und erklären, wie Detmolder Bürgerinnen und Bürger mit persönlichen Erinnerungen, Fotos oder Dokumenten dazu beitragen können.

In den 1970er Jahren gab es in Detmold städtebauliche Planungen, die nach einer möglichen Realisierung die historische Altstadt weitgehend zerstört hätten. Die Vorschläge des Stadtplaners Spengelin wurden als größte städtebauliche Entwicklung gefeiert. Abbruch statt Erhaltung galt als Aufbruch in die Moderne.

Doch der Widerstand formierte sich: Aus zum Teil persönlicher Betroffenheit heraus, aber vor allem aufgrund bürgerschaftlicher Verantwortung für den Erhalt der historischen Bausubstanz gründete sich 1973 die „Bürgeraktion Stadtsanierung“. Als Symbol für die drohende Zerstörung der Innenstadt gilt der Abriss des „Petrischen Palais“ am heutigen Hasselter Platz. Der Verlust des Baudenkmals konnte nicht verhindert werden, aber erhöhte den Druck aus der Bürgerschaft auf die Ratsparteien und führte zum Umdenken der politischen Entscheidungsträger.

Der Eintritt ist frei!

Kontakt: Dr. Bärbel Sunderbrink                       

stadtarchivdetmold.LOESCHE_DIES.de              

05231/766110

 

 

 

Lokal trifft Global. Neue Forschungen zur Kolonialgeschichte

Bildnachweis: Lippisches Landesmuseum

Vortragsveranstaltung am Dienstag, 28. Februar 2023

Lokal trifft Global. Neue Forschungen zur Kolonialgeschichte

Dr. Barbara Frey, Dr. Bärbel Sunderbrink, Dr. Amir Theilhaber

In Nordrhein-Westfalen ist die Kolonialgeschichte als neues Forschungsfeld entdeckt. Dass dabei das Land Lippe und die Stadt Detmold wichtige Rollen spielen, zeigen drei HistorikerInnen, die sich auf unterschiedliche Weise dem Thema genähert haben. Amir Theilhaber, Universität Bielefeld, untersucht die Sammlungen des Lippischen Landesmuseums. Barbara Frey, Kulturwissenschaftlerin, beschäftigt sich mit Menschen aus Lippe, die in Kolonien berufliche Perspektiven suchten. Bärbel Sunderbrink, Stadtarchivarin, untersucht in Detmold das Engagement bürgerlicher Kreise in der Kolonialbewegung.
Die drei Wissenschaftler berichten über ihre Forschungsergebnisse und stellen das neue Buch „Nordrhein-Westfalen und der Imperialismus“ vor.

Der Vortrag findet im Stadtarchiv/Landesarchivs, Willi-Hofmann-Str. 2, 32756 Detmold, um 19.30 Uhr statt.

Die Veranstaltung ist eine Kooperation des Naturwissenschaftlichen und Historischen Vereins Lippe in Kooperation mit dem Stadtarchiv Detmold und der VHS Detmold-Lemgo.

Abiturient:innen beschäftigen sich mit der Riga-Deportation

Noch bis zum 24. März ist im Detmolder Rathaus die Ausstellung „Riga: Deportation – Tatorte – Erinnerungskultur“ des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge zu sehen.

Das Stadtarchiv Detmold hat dazu eine lokalgeschichtliche Ergänzung erarbeitet. „Abgemeldet nach Riga“. Dieses Angebot nutzte der Geschichts-Zusatzkurs der Q2 des Grabbe-Gymnasiums: Mit ihrem Lehrer Johannes Stüer kamen sie ins Rathaus, wo sie Stadtarchivarin Dr. Bärbel Sunderbrink über die erste Deportation 1941 nach Riga informierte. Die Schüler:innen entschlüsselten selbst historische Quellen und setzten sich mit einzelnen Biografien Deportierter auseinander. Am Schluss stand die Frage der Erinnerungskultur: Ziel der Nationalsozialisten war es, die Opfer vergessen zu machen. Die Auseinandersetzung mit dem Schicksal der Betroffenen soll dem entgegen wirken.

Information zu Einführungen für Schulgruppen: stadtarchivdetmold.LOESCHE_DIES.de     

 

 

 

 

Feierliche Unterzeichnung der Beitrittsurkunde der Stadt Detmold zum Deutschen Riga-Komitee

Di, 31. Januar, 17 Uhr, Rathaus Detmold

Feierliche Unterzeichnung der Beitrittsurkunde der Stadt Detmold zum Deutschen Riga-Komitee

Es sprechen

  • Bürgermeister der Stadt Detmold Frank Hilker
  • Regierungspräsidentin Anna Katharina Bölling
  • Winfried Nachtwei MDB a.D., Mitinitiator des Riga-Komitees
  • und Dr. Bärbel Sunderbrink, Stadtarchivarin: Nachbarn von nebenan – verschollen in Riga.
  • Joanne Herzberg, Jüdische Vorsitzende,
  • und Kristina Panchyrz, Geschäftsführerin der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Lippe e.V.

Das vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge gegründete Städtebündnis hält das Erinnern und Gedenken an die nach Riga verschleppten und Ermordeten Menschen wach. Als die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Lippe e.V. 2020 dem Rat der Stadt Detmold den Beitritt zum Deutschen Riga-Komitee vorschlug, waren die Ratsmitglieder einstimmig der Ansicht, dass dies ein wichtiger Schritt ist, um die Arbeit des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Riga zu unterstützen. Durch ihren Beitritt möchte die Stadt Detmold dazu beitragen, für die NS-Opfer des Ghettos Riga einen würdigen Ort des Gedenkens zu schaffen und zu bewahren.

 

So, 29. Januar, 11.30 Uhr, Stadthalle, Kleiner Festsaal

Filmmatinee „Wir haben es doch erlebt. Das Ghetto von Riga“

Rund 22.000 Juden wurden aus dem Deutschen Reich nach Riga, im von deutschen Truppen besetzten Lettland, verschleppt, unter ihnen auch Detmolder. Der Filmemacher Jürgen Hobrecht hat die Spuren der mit dem Namen „Riga“ verbundenen Verbrechen und Schicksale dokumentiert.

Eine Veranstaltung des Stadtarchivs Detmold in Kooperation mit dem LWL-Medienzentrum.

 

 

26. Januar – 24. März 2023, Rathaus Detmold

Ausstellung des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und Stadtarchiv Detmold

Riga: Deportation – Tatorte – Erinnerungskultur

 

 

Die Landtagswahl vom 15. Januar 1933

Foto: Gudrun Mitschke-Buchholz

Warum ist ein Datum aus der Landesgeschichte noch nach 90 Jahren von Bedeutung? Diese Frage wurde bei einer Kooperationsveranstaltung des Christian-Dietrich-Grabbe-Gymnasiums, des Stadtarchivs Detmold und der Landeszentrale für Politische Bildung am Donnerstag, 19. Januar, ausführlich behandelt.

Am 15. Januar 1933 fand in Lippe die von den Nationalsozialisten als „Durchbruchschlacht“ hochstilisierte Landtagswahl statt. 250 Schülerinnen und Schüler, dazu Interessierte aus der Stadtgesellschaft, waren gekommen, um der Szenischen Lesung zu folgen, die vom Geschichts-Zusatzkurs unter Anleitung von Kristina Panchyrz vorbereitet worden war.

Dafür hatten sie sich durch zahlreiche Originalquellen gearbeitet, die nun in verteilten Rollen eindrücklich vorgetragen wurden. Die Lesung und die anschließende historische Einordnung des ehemaligen Leiters des Stadtarchivs, Dr. Andreas Ruppert, machten deutlich, dass die Lippewahl von den Nationalsozialisten als politisches Mittel genutzt wurde, um Hitlers Ernennung zum Reichskanzler in die Wege zu leiten.

Dr. Guido Hitze, Leiter der Landeszentrale für politische Bildung, bekräftigte das und stellte heraus, dass nicht das Ergebnis der Wahl das ausschlaggebende war, sondern dessen Deutung. Seine differenzierte Einordnung der Presselandschaft machte die Schwierigkeit der Informationsbeschaffung deutlich. Dr. Bärbel Sunderbrink moderierte eine Diskussionsrunde, in der sich die Schülerinnen und Schüler differenziert mit den Wahlen auseinandersetzten und dabei den Bezug zur Gegenwart herausarbeiten.

 

 

 

„Das ganze Reich schaut auf das Land Lippe: die Lippewahl vom 15. Januar 1933“

19. Januar 2023, 8:30 bis 11 Uhr, Neue Aula des Grabbe-Gymnasiums

Am kommenden Sonntag ist es 90 Jahre her, dass in Lippe im Jahre 1933 der Landtag nach einem denkwürdigen Wahlkampf gewählt wurde. Aufgrund einer tiefen Krise der NSDAP erlangt diese Wahl unerwartete politische Bedeutung. Nahezu der gesamte Parteiapparat wird mobilisiert und zahlreiche Massenveranstaltungen mit der Parteiprominenz finden in Lippe in den ersten zwei Wochen im Januar 1933 statt.

In den Quellen finden wir besonders in den Zeitungen die unterschiedlichsten Darstellungen und Sichtweisen auf diesen Wahlkampf: In den NSDAP-nahen Blättern wird schwärmerisch von erfolgreichen Massenveranstaltungen geschrieben und Orte wie das Hermannsdenkmal und die Externsteine mythisch überhöht. Demgegenüber steht z.B. der Journalist und Sozialdemokrat Felix Fechenbach, der in bissigen, satirischen Texten u.a. als „Nazi-Jüsken“ offen scharfe Kritik an der NSDAP und dem propagandistisch aufgebauschten Wahlkampf übt. Diesen Jahrestag möchten wir als Anlass nehmen, einen genaueren, kritischen Blick auf die Ereignisse in Lippe vor 90 Jahren zu werfen und laden Sie herzlich zur Teilnahme ein.

In Kooperation mit der Landeszentrale für Politische Bildung und dem Stadtarchiv Detmold haben Schüler:innen des Grabbe-Gymnasiums ein Programm vorbereitet, um über den Wahlkampf 1933 zu informieren und darüber in den Austausch zu kommen. Die Lehrerin Kristina Panchyrz, Organisatorin der Veranstaltung, freut sich, Dr. Guido Hitze, den Leiter der Landeszentrale für politische Bildung NRW, den Historiker Dr. Andreas Ruppert und die Stadtarchivarin Dr. Bärbel Sunderbrink an der Schule begrüßen zu dürfen.

 

 

Folgender Ablauf ist geplant:

1. Begrüßung

2. „Jagt den Nazi-Spuk zum Teufel!“ - Der Wahlkampf zur lippischen Landtagswahl im Januar 1933. Eine Szenische Lesung

3. Vortrag von Dr. Andreas Ruppert

4. Podiumsgespräch zwischen Schüler:innen des Grabbe-Gymnasiums, Dr. Andreas Ruppert und Dr. Guido Hitze; Moderation: Dr. Bärbel Sunderbrink

 

Für die Podiumsdiskussion haben sich die Schüler:innen des Grabbe-Gymnasiums im Vorfeld mit unterschiedlichen Aspekten zur Landtagswahl beschäftigt: Der historische Hintergrund zur Landtagswahl in Lippe, ein kritischer Blick auf die erinnerungskulturelle Bedeutung (Inwiefern ist die Erinnerung an dieses Ereignis und die Akteure des Wahlkampfes (auf beiden Seiten) noch heute von Bedeutung (besonders aus der Sicht eines Lippers) und warum gibt es in diesem Jahr nur wenige Veranstaltungen auch zu weiteren Ereignissen aus dem Jahr 1933?), die Methode der Präsentation von historischen Originalquellen durch eine Szenischen Lesung (Distanzierung von den Texten durch Ablesen und teils stockendem Vorlesen) und aktueller Bezüge: Gibt es Parallelen zu heutigen Methoden im Wahlkampf? Inwiefern werden auch heute Orte und Ereignisse - auch in Lippe, z.B. das Hermannsdenkmal - insbesondere für rechte Propaganda instrumentalisiert?

 

Ort der Demokratiegeschichte

Festansprache Dr. Bärbel Sunderbrink anlässlich der Anbringung der Gedenktafel „Ort der Demokratiegeschichte“ am ehemaligen lippischen Landtag am 15.1.2023

Doch was nun – lieber Herr Landtagspräsiden Kuper, liebe Frau Landgerichtspräsidentin Nagel, meine Damen und Herren,

was, zeichnet gerade dieses Haus als Ort der Demokratiegeschichte aus?

Als das Landtagsgebäude 1914 im Beisein von Fürst Leopold und Fürstin Bertha eingeweiht wurde, war die monarchische Staatsform bereits ins Wanken geraten. Ein Fürst, der seinen Herrschaftsanspruch „von Gottes Gnaden“ ableitete, und ein nach dem Dreiklassenwahlrecht zusammengesetztes Landesparlament passten nicht mehr in eine Zeit, die von Industrialisierung und Massenkultur geprägt war. Doch die starken Beharrungskräfte der alten Eliten und der Ausbruch des Ersten Weltkriegs ließen alle Reformforderungen verstummen.

Erst als mit der sich zuspitzenden Kriegslage Kaiser Wilhelm um seine Legitimität bangte und mit seiner „Osterbotschaft“ von 1917 Veränderungen im Wahlrecht ankündigte, wurde auch in Lippe der politische Druck wieder größer. Im Oktober 1918 schließlich stellte Fürst Leopold in einem Aufruf „An mein Volk“ ein allgemeines, wenn auch nicht gleiches Männerwahlrecht in Aussicht.

Zu spät. Die Monarchie hatte ihre Legitimation da bereits verloren: In Berlin wurde am 9. November 1918 die Republik ausgerufen, und als die Revolution Detmold erreichte, verzichtete auch das lippische Fürstenhaus auf seinen Herrschaftsanspruch. Der Volks- und Soldatenrat, also die revolutionäre Übergangsregierung, löste den ständischen Landtag wenig später auf.

Anfang 1919 dann der große Tag der Demokratie, die erste Wahl für den neuen Landtag am Sonntag, 26. Januar. Erstmals waren alle - Frauen und Männer über 20 Jahren – zur Stimmabgabe aufgerufen. Die lippischen Volksvertreter wurden nun nach allgemeinem, gleichem, geheimem und unmittelbarem Wahlrecht gewählt. Eine lippische Besonderheit: Es gab zunächst eine Wahlpflicht.

21 Abgeordnete bildeten die neue Volksvertretung. Die Revolutionsparteien SPD und die linksliberale Deutschen Demokratischen Partei (DDP) erlangten mit zusammen 15 Sitzen eine deutliche Mehrheit im Parlament, und mit der Wäschenäherin Auguste Bracht aus Oerlinghausen war vom ersten Tag an eine Frau dabei.

Dabei hatte es in diesem Punkt Diskussionen um das Wahlrecht gegeben: Bis in das liberale Lager hinein wurde in Lippe die Forderung nach einer Karenzzeit laut. Da man sich um die politische Mündigkeit der Frauen sorgte, sollte das passive Wahlrecht für die kommenden zwei Wahlperioden ausgesetzt werden. Nach zehn Jahren – so das Argument – hätten sich die Frauen eingearbeitet und könnten sich als Kandidatinnen aufstellen lassen. Das Reichsrecht schob solchen Überlegungen einen Riegel vor; die Wahllisten der Parteien sorgten aber weiterhin dafür, dass Frauen kaum Chancen auf ein Mandat hatten. Nur insgesamt fünf Frauen gehörten den Lippischen Landtagen an.

Eine der ersten Entscheidungen des Landtags betraf die Landesverfassung, mit der die parlamentarische Republik als Staatsform festgeschrieben wurde.

Der Landtag wählte als oberstes Staatsorgan ein Kollegium aus drei Personen, das Landespräsidium. Dieses Gremium stellte unter den Verfassungen aller Länder ein Unikum dar. Es band unterschiedliche politische Kräfte zusammen und wirkte damit über die gesamte Weimarer Zeit als stabilisierender Faktor. Eine Schlüsselrolle innerhalb des Landespräsidiums hatte der als Pragmatiker bekannte Sozialdemokrat Heinrich Drake inne.

Die Probleme, die in diesem Plenarsaal zu verhandeln waren, waren komplex. Soziale Reformmaßnahmen hatten angesichts der strukturellen Probleme großes Gewicht in der Landespolitik. Der Arbeitsmarkt für die lippischen Wanderziegler war nach dem Ersten Weltkrieg zusammengebrochen, außerhalb der Holzwirtschaft gab es kaum Industrie. Für die zurückgekehrten Soldaten wurden Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auf den Weg gebracht. Flächen des ehemaligen Domaniums wurden mit staatlicher Hilfe kultiviert, und in beträchtlichem Rahmen Wohnungsbaumaßnahmen angestoßen. Ein weiteres wichtiges Handlungsfeld war der Ausbau des Schulwesens. 1919 wurde hier im Saal das erste Fortbildungs-Schulgesetz Deutschlands verabschiedet, denn Bildung stellte für die junge Demokratie einen besonderen Wert dar.

Die permanente Finanzknappheit des Landes hatte auf das wichtigste Recht des Landtags, das Budgetrecht, großen Einfluss. Über die gesamte Weimarer Zeit hinweg stand die Frage im Raum, ob Lippe als selbständiger Staat überhaupt überlebensfähig war. Überlegungen zu einer umfassenden Reichsreform hatte es schon seit 1919 gegeben. Zwei Lösungen wurden vor allem diskutiert: die Angliederung des Freistaats an Preußen und die Bildung eines neuen Mittelstaates im Weserraum. Da die Reichsreformdebatte aber nicht vorankam, konnte der lippische Kleinstaat trotz aller Sparpolitik seinen Landeshaushalt nur durch Ergänzungszahlungen vom Reich sichern.

Doch – meine Damen und Herren – nicht nur Sachpolitik, auch die Symbolkultur sollte dazu beitragen, die Weimarer Demokratie in der Bevölkerung zu verankern. In diesem Plenarsaal fanden anfangs die zentralen Landesfeiern zum Verfassungstag am 11. August statt. Ein Feiertag für die Republik, der an die Unterzeichnung der Weimarer Verfassung im Jahr 1919 erinnern sollte!

Die Landtagsabgeordneten nahmen daran teil, ebenso Abordnungen von Parteien und Verbänden. Das Detmolder Reichswehrbataillon stellte eine Ehrenkompanie, die Militärkapelle spielte auf. Nur in Berlin wurde der höchste Feiertag der Republik mit ähnlichem Aufwand begangen.

Erst in den allerletzten Jahren der Weimarer Republik erodierte der Rückhalt für die lippische Demokratie. Hatte die SPD bei den Landtagswahlen stets die meisten Wähler erreicht und seit 1921 je 8 bzw. 9 der 21 Landtagsmandate besetzt, nahm die Zustimmung zu der republiktreuen DDP immer weiter ab. Seit der Wahl von 1929 erstarkten die republikfeindlichen Kräfte erschreckend schnell, und seit 1931 stellte die NSDAP durch einen Überläufer aus der Landvolkpartei erstmals einen Landtagsabgeordneten. Die rechtsnationale DNVP und rechte Splitterparteien ließen nun keine Gelegenheit mehr aus, die Parlamentsarbeit zu sabotieren und durch Volksbegehren die Legitimation der Volksvertretung zu untergraben. Doch während in Berlin jeder der gewählten Reichstage vorzeitig aufgelöst wurde, war das bei den vier lippischen Landtagen zwischen 1919 und 1933 nie der Fall.

Als dann an der Wende zum Jahr 1933 das Land Lippe ins Visier der NSDAP geriet, die ihre Verluste auf Reichsebene kompensieren wollte, schaute unerwartet ganz Deutschland auf den Kleinstaat. Der Landtagswahlkampf vor nunmehr 90 Jahren sucht seines Gleichen: Die NS-Prominenz zog über die lippischen Dörfer, Hitler selbst trat als Redner bei 16 der unzähligen Wahlveranstaltungen auf.

Der Wahlsieg der NSDAP war zu erwarten. Sie errang 39,5 % der Stimmen. Zwar war das Ergebnis von der absoluten Mehrheit weit entfernt, machte die NSDAP aber mit 9 Abgeordneten gleich zur stärksten Fraktion. Doch hätte es keine Unterstützung durch die bürgerlichen Parteien gegeben, hätte die NSDAP keine Mehrheit für ihr Landespräsidium zusammenbringen können.

Propagandistisch wurde die Lippewahl vom 15. Januar 1933 als „Durchbruchschlacht zur nationalen Revolution“ aufgeladen. Das Votum der Wählerinnen und Wähler in Lippe wurde als Beweis für das Wiedererstarken der Partei gedeutet und die Kanzlerschaft Hitlers nun vehement eingefordert – mit Erfolg. Reichspräsident Hindenburg ernannte zwei Wochen nach der Lippe-Wahl Adolf Hitler zum Reichskanzler.

Dass es gerade die Landtagswahl in Lippe war, in der die NSDAP ihre ungebrochene Schlagkraft unter Beweis stellen wollte, war ein historischer Zufall. Später wurde daraus ein Mythos; doch es gab kein „Hermannsland“, dass befreit werden musste, wie die Wahlplakate der NSDAP es forderten. Die Lipperinnen und Lipper haben Hitler nicht – wie es der Mythos glauben machen wollte – an die Macht gebracht und sie waren auch nicht die Vorreiter des sogenannten Dritten Reichs. Dennoch hatte diese Landtagswahl am 15. Januar eine hohe symbolische Bedeutung über Lippe hinaus für das Ende der Weimarer Demokratie.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Reich am 30. Januar 1933 begann die Phase der sogenannten Gleichschaltung. Zwar trat der lippische Landtag weiter zusammen, aber nach der Reichstagswahl vom 5. März wurde er neu zusammengesetzt. Nun verfügte die NSDAP zusammen mit der DNPV über eine 2/3 Mehrheit im Landtag. Die KPD war nach dem Reichstagsbrand in die Illegalität gezwungen worden und auch die letzten fünf SPD-Abgeordneten nahmen aufgrund der massiven Bedrohungen und Inhaftierungen nicht mehr an den Landtagssitzungen teil.

Auf dem Gebäude wehte längst die Hakenkreuzfahne, als die verbliebenen Landtagsmitglieder am 21. Juni 1933 dem Ermächtigungsgesetz zustimmten und damit der Landesregierung ihr Gesetzgebungsrecht übertrugen. Danach wurde der Landtag nicht mehr einberufen.

Anders als etwa in Schaumburg-Lippe trat der Landtag in Detmold gut ein Jahr nach dem Ende der NS-Diktatur am 9. Mai 1946 wieder zusammen. Die 31 Mitglieder waren nicht gewählt, sondern von der britischen Militärregierung ernannt. Dieser Landtag hatte noch einmal Bedeutung, als die britische Militärregierung im Sommer 1946 die Angliederung an Niedersachsen verlautbarte. Der Landtag protestierte und hatte damit Erfolg. Über die anschließend von Landespräsident Heinrich Drake und NRW-Ministerpräsident Rudolf Amelunxen ausgehandelten „Lippischen Punktationen“ stimmte er allerdings nicht ab.

Die letzte feierliche Sitzung hier im Lippischen Landtag fand am 21. Januar 1947 statt. Mit der Verordnung Nr. 77 der britischen Militärregierung verlor das Land Lippe seine Selbständigkeit und wurde dritter Teil des Landes Nordrhein-Westfalen. Damit war auch das einzige demokratische Landesparlament, das vor 1946 auf dem Territorium des heutigen Landes NRW existiert hatte, Geschichte.

Die Interessen der lippischen Bevölkerung werden seither im NRW-Landtag in Düsseldorf vertreten. Warum also noch an den lippischen Landtag als Ort der Demokratiegeschichte erinnern?

Unsere Demokratie hat starke Wurzeln in der Zeit der Weimarer Republik. Dieser Landtag ist also ein Ort, an dem an das Ringen um die besten politischen Lösungen in der ersten deutschen Demokratie erinnert werden kann; an Debattenkultur und erstmals auch die Teilhabe von Frauen daran. Hier kann beobachtet werden, wie die demokratischen Kräfte versuchten, eine Identifikation mit der Republik zu verfestigen. Hier aber ist auch der Ort, an dem das Scheitern der ersten deutschen Demokratie sichtbar wird – der Stabilitätsverlust in einer wirtschaftlich angespannten Zeit und das Einreißen der Brandmauer des bürgerlichen Milieus gegenüber den extremen Rechten; die Wirkung neuer Propaganda-Mittel und die Landtagswahl vor genau 90 Jahren, die der Machtübernahme der Nationalsozialisten einen legalen Anstrich verlieh.

Dieser Ort – meine Damen und Herren – ist ein authentischer Ort der Demokratiegeschichte. Er zeigt, dass ein demokratischer Verfassungsstaat keine Selbstverständlichkeit ist.

 

Dr. Markus Lang, Projektleiter "Orte der Demokratiegeschichte" von der Gesellschaft zur Erforschung der Demokratie-Geschichte e.V. hat dazu einen Beitrag verfasst: Landtag Lippe als Ort der Demokratiegeschichte markiert

 

 

 

  

27. Januar - Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus

27.01.2023, Freitag, 17 Uhr
Zentrale Gedenkveranstaltung
Gymnasium Leopoldinum, Neue Aula
„ERINNERN UND GEDENKEN“
– an die Opfer des Nationalsozialismus

Zum Programm: Flyer

 

 

Anschrift

Stadtarchiv Detmold
Willi-Hofmann-Straße 2
32756 Detmold
stadtarchivdetmold.LOESCHE_DIES.de
Empfang: Tel. 05231 / 766-0 

Öffnungszeiten des Lesesaals

Mo 8:00-19:00 Uhr
Di, Mi, Do 8:00-16:00 Uhr
Fr 8:00-13:00 Uhr

Bestellung von Archivalien aus den Magazinen

Mo, Di, Mi, Do
9:00, 10:00, 11:00,
12:00, 13:30, 14:30 Uhr

Fr 9:00, 10:00, 11:00,
11:30 Uhr

Beratung

Beratung nach vorheriger Terminabsprache möglich.