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2023

"Quo vadis Lippe?" Lippe-Detmold, die Reichsreformdebatte und die unbekannten Anfänge Nordrhein-Westfalens in der Weimarer Republik.

Dienstag, 12. September 2023, 19.30 Uhr, Landesarchiv NRW / Stadtarchiv Detmold, Willi-Hofmann-Str. 2, Detmold, Der Eintritt ist frei!

Quo vadis Lippe?" Lippe-Detmold, die Reichsreformdebatte und die unbekannten Anfänge Nordrhein-Westfalens in der Weimarer Republik.

Dr. Guido Hitze, Landeszentrale für politische Bildung NRW / Dr. Bärbel Sunderbrink, Stadtarchiv Detmold

Dass Kleinstaaten wie das Land Lippe keinen dauerhaften Bestand haben würden, stand für Heinrich Drake schon nach dem Ende des Ersten Weltkriegs außer Frage. Als Mitglied des Landespräsidiums versuchte er für Lippe eine Lösung zu finden, die das Land aus der problematischen finanziellen herausführte, aber auch das Landesvermögen weiterhin sicherte. Mutig schrieb er schon 1926 im Lippischen Landeskalender: "Vielfach fehlt es an dem Mut, offen auszusprechen, was man im stillen denkt. ... Die Kleinstaaten sind eine Zeitwidrigkeit. Der gesunde Menschenverstand sagt es uns." Das blieb nicht ohne Widerspruch, und in Lippe entbrannte eine vehement geführte Debatte um die Frage des richtigen Wegs: Erhalt der Selbständigkeit, Angliederung an Preußen oder sogar die Schaffung eines neuen Weserstaates. Aber auch ganz andere Ideen wurden diskutiert: Der sogenannte Baumannplan hat schon 1923 den Zuschnitt eines neuen Landes auf dem Gebiet des heutigen Landes Nordrhein-Westfalen angeregt. Der Historiker Dr. Guido Hitze, Leiter der Landeszentrale für politische Bildung, und die Detmolder Stadtarchivarin Dr. Bärbel Sunderbrink berichten von den nie verwirklichten Plänen für Lippe, die heftig geführten Kontroversen und eine Idee, die bis zu ihrer Verwirklichung ein viertel Jahrhundert benötigte.

Veranstalter: Naturwissenschaftlicher und Historischer Verein für das Land Lippe in Kooperation mit dem Stadtarchiv Detmold und der Landeszentrale für politische Bildung

 

 

 

 

Stadtsanierung in Detmold: Vom Gigantismus zur historischen Innenstadt

Informationen zum Stadtgeschichtlichen Projekt

In den 1970er Jahren gab es in Detmold städtebauliche Planungen, die nach einer möglichen Realisierung die historische Altstadt weitgehend zerstört hätten. Die Vorschläge des Stadtplaners Spengelin wurden als größte städtebauliche Entwicklung gefeiert. Abbruch statt Erhaltung und Sanierung galt als Aufbruch in die Moderne und wäre der Aufbruch in die Betonzeit geworden: Flachdachbebauung mit Tiefgaragen, eine vierspurige Ringstraße um die historische Innenstadt, die Leopoldstraße sollte die "Kö" Detmolds werden mit einem Grünstreifen in der Mitte.

 

Mitmachen erwünscht!

Gebeten wird um die aktive Mithilfe der Detmolder Bürgerinnen und Bürger, die noch über persönliche Erinnerungen, Fotos oder Dokumente verfügen.

Ansprechpartner:

Stadtarchivarin Dr. Bärbel Sunderbrink per Mail stadtarchiv@detmold.de

oder Friedrich Brakemeier per Telefon 05231 59920

Alles auf einen Bick und die Termine unter

Informationen zum Stadtgeschichtlichen Projekt

 

 

Stadtsanierung in Detmold: Führung

18. Juli 2023 um 18:00 Uhr
ACHTUNG – neuer Termin 15. August 2023 (nach Abstimmung mit Fritz Brakemeier)
Treffpunkt: VHS Detmold, Krumme Straße 20

Fritz Brakemeier hat Anfang der 1970er Jahre als junger Kommunalpolitiker selbst das schwierig Umsteuern in der Baupolitik erlebt. Er stellt gelungene und misslungene Maßnahmen im Sanierungsgebiet vor und zeigt am Beispiel des Hasselter Platzes, wie die Verkehrsführung der Zukunft aussehen sollte.  

Die Veranstaltungsreihe findet in Kooperation mit der VHS Detmold-Lemgo statt.
Der Eintritt ist frei! Im Herbst folgen weitere Termine.

 

 

Stadtsanierung in Detmold: Stadtrundgang

Enge Durchfahrtstraßen und gigantische Stadtsanierungspläne in Detmold - Was ist aus den Vorschlägen des Wortmann Gutachtens aus dem Jahr 1967 geworden?

Stadtrundgang am Dienstag, 20. Juni 2023 18 Uhr

im Rahmen des Projektes „Stadtsanierung Detmold vor 50 Jahren“ des Stadtarchivs Detmold

Treffpunkt: Parkplatz vor der Bibliothek der Hochschule für Musik, Hornsche Straße 39, Detmold

Hans-Joachim Keil bietet eine Führung entlang der Bundesstraße 239 von der Landesbibliothek Detmold zur Sparkasse Detmold (Ecke Paulinenstraße/Bielefelder Straße) an.
Keine Teilnahmegebühr.

Vor dem Rundgang können die Teilnehmer kostenlos die Smartphone-App „Detmold – früher und heute: Hornsche Straße / Paulinenstraße“ auf ihr Smartphone oder ihr Tablet herunterladen. Die App zeigt historische und aktuelle Fotos der Grundstücke entlang der Rundgang-Strecke.
Wenn Sie an der App Interesse haben, senden Sie bitte eine Email an: hj.keil@t-online.LOESCHE_DIES.de

Verbot und Verfolgung - Gedenken an die Stürmung der Gewerkschaftshäuser am 2. Mai 1933

Foto: DGB OWL
Foto: DGB OWL
Stadtarchiv Detmold, Bildarchiv Nr. 3010
Stadtarchiv Detmold, Bildarchiv Nr. 1408

Am 2. Mai 1933 stürmten Nationalsozialisten im ganzen Land Gewerkschaftshäuser, Büros und Wohnungen. Gewerkschafter*innen, die sich der Gleichschaltung der Gewerkschaften widersetzten, wurden verschleppt und gefoltert.

In Detmold besetzten die Nationalsozialisten das Volkshaus und verhafteten die anwesenden Beschäftigten. 2023 jährte sich das Ereignis zum 90. Mal. Bei einer Veranstaltung am 10. Mai 2023 im Felix-Fechenbach-Berufskolleg hat nach einem Grußwort von Schulleiter Wolfgang Wilden Referent Dr. Wolfgang Uellenberg-van Dawen einen historischen Überblick zum 2. Mai 1933 mit der Vor- und Nachgeschichte gegeben. Auf die lokalen Ereignisse in Detmold ging die Stadtarchivarin Dr. Bärbel Sunderbrink ein.

 

Vortragstext 10. Mai 2023. Dr. Bärbel Sunderbrink, Stadtarchiv Detmold

Die Zerschlagung der Gewerkschaften 1933 in Detmold und Lippe

2. Mai 1933 - ein Schicksalstag für die Gewerkschaften auch in Lippe und in Detmold. Am Tag zuvor hatten noch Zehntausende in der lippischen Hauptstadt jubelnd gefeiert - am folgenden Tag das bittere Ende. Wie passen diese beiden Tage zusammen? Wie hatte das noch so junge NS-Regime es geschafft, am Maifeiertag die Menschen derart zu täuschen? Was war geschehen, dass sie sich so sehr auf die neuen Machthaber eingelassen hatten?

Beginnen wir mit der für unsere Region so bedeutenden Lippischen Landtagswahl am 15. Januar 1933. Sie ist als "Lippische Durchbruchschlacht" in die Geschichtsbücher eingegangen. Diese Wahl ist ein Schlüsselereignis, um einer Antwort auf die Frage nach der Akzeptanz der Nationalsozialisten näher zu kommen. Die NSDAP hatte auf Reichsebene im Jahr 1932 einige Niederlagen einstecken müssen. Ihr Ziel war es daher, in der nächsten anstehenden Wahl im Reich zu demonstrieren, dass sie noch siegen kann. Diese nächste Wahl war die Landtagswahl in Lippe.

Es war der größte Wahlkampf, den man bis dahin gesehen hatte. Die gesamte Prominenz der NSDAP war angereist, Hitler selbst ging "auf die Dörfer", wie die Presse spottete, und hatte allein 16 Auftritte in eigens aufgestellten Zelten. Die NSDAP war mit dieser Wahl mit 39 % und 11 Sitzen zur stärksten Partei im Lippischen Landtag geworden. Die SPD hatte mit 30 % und 8 Sitzen (darunter: Drake, Mellies, der Gewerkschafter August Linne) besser als erwartet abgeschnitten. Aber nun stellte die NSDAP die neue Regierung im Lande.

Reichsweit war die Propaganda um die Landtagswahl gigantisch und zwei Wochen später übertrug Reichspräsident Paul von Hindenburg Hitler das Amt des Reichskanzlers. Die Wahl oder besser ihre Folgen fanden umgehend Eingang in die kollektive Erinnerungskultur: Die lippische NSDAP sah sich nunmehr als das Zentrum des neuen Deutschland und inszenierte diese Rolle in jährlichen Erinnerungstreffen, die erst im Januar 1945 endeten. Sie schöpfte aus der Lippewahl ein ins unermessliche gesteigerte Selbstbewusstsein, das auch ihr Agieren gegenüber politischen Gegnern prägte.

Was der Regimewechsel bedeutete, wurde bald offensichtlich: Am 2. März verboten die Nationalsozialisten das "Lippische Volksblatt". Damit verlor die Arbeiterbewegung ihr wichtigstes Kommunikationsmittel. Das Verbot bedeutete das Ende der Pressefreiheit.

Nach dem Reichstagsbrand waren die Gewerkschaften zur Zielscheibe geworden. Schlägertrupps von SA und NSBO - also den Nationalsozialistischen Betriebsorganisationen - drangen in die Betriebe ein. Betriebsräte wurden gewaltsam abgesetzt, so etwa in den Dörentruper Sand- und Thonwerken. Der 11. März dann fand in Detmold ein Tag des Terrors gegen die Gewerkschaften statt. Detmolds Gewerkschaftshaus war das Objekt der Gewalt einer SA-Kolonne. 40 SA- und wohl auch SS-Leute drangen in das Volkshaus an der heutigen Lemgoer Straße ein. Sie durchsuchten die Räume nach dort angeblich versteckten Waffen. Nach der ergebnislosen Suche versiegelten sie das Volkshaus und hissten die Hakenkreuzfahne.

Das Ziel des Angriffs, das Volkshaus, war der symbolische Ort der organisierten Arbeitnehmerschaft. Schon kurz nach dem Ersten Weltkrieg hatte die Stadtverwaltung das ihr gehörende Gasthaus "Stadt Detmold" der Volkshaus GmbH vermietet. Das Detmolder Gewerkschafts-Kartell hatte hier inmitten der Detmolder Gewerbebetriebe an der damaligen Lageschen Straße 66 ihren Sitz. Ende der 1920er Jahre hatte die Volkshaus GmbH die Gaststätten von der Stadt erworben und aufwändige Um- und Erweiterungsbauten realisiert: Am "Eingangstor der Stadt" entstand "ein neues und wuchtiges Gebäude", ein moderner, expressionistischer Flachdachkomplex mit auffallendem Werbeturm. Er hatte einen Saalbau mit Bühne und eine Kegelbahn. Es gab ein Restaurant, Fremdenzimmer, Vereinszimmer und einen Raum für Jugendliche.

Am 1. Juni 1930 hatte die offizielle Eröffnung stattgefunden. Der Ortsausschuss Detmold des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes sollte fortan eine angemessene Unterbringung haben. Die Büroräume der Gewerkschaften lagen im ersten Stock. Untergebracht waren hier der Deutsche Baugewerbebund, der Verband der Fabrikarbeiter Deutschlands, der Deutsche Holzarbeiterverband und der Deutsche Land- und Forstarbeiterverband. Heinrich Drake sagte zur Einweihung: "Das Volkshaus ist ein Wahrzeichen."

Der Überfall auf das Volkshaus, das "Haus der freien Gewerkschaften", auf dieses "Wahrzeichen" am 11. März blieb nicht ohne Gegenwehr: Ein Vertreter des Holzarbeiterverbandes verweigerte die Herausgabe der Gebäudeschlüssel und wurde dafür zusammengeschlagen. Er wurde mit Stiefelabsätzen ins Gesicht getreten und schwer verletzt.

Konnte es noch schlimmer kommen? Ja, denn es gab nicht nur diese Gewaltausschreitungen, es gab auch Maßnahmen, die für einen Mann tödlich endeten: Am 11. März 1933 war Felix Fechenbach beim Mittagessen im Volkshaus verhaftet worden. Er, der Chefredakteur des "Volksblatts", wurde in sog. Schutzhaft gesetzt. Die Nationalsozialisten in Lippe hatten ihn im Visier, weil er über Insiderwissen verfügte, dass er über seine Glosse "Nazi-Jüsken" im "Volksblatt" veröffentlichte. Die Nationalsozialisten in München hatten ein noch viel größeres Interesse an ihm, galt er doch als "Whistleblower", der wie sein Mentor, der erste demokratische Ministerpräsident Kurt Eisner, über die wahren Kriegsziele der Deutschen im Ersten Weltkrieg aufklären wollte. Fechenbach wurde am 7. August 1933 das erste NS-Mordopfer aus Lippe.

Die Maßnahmen gingen weiter: Der "Lippische Kurier", also die Zeitung der NSDAP veröffentlichte am 15. März einen Artikel, der unverhohlen den Gewerkschaften drohte. In rascher Folge wurden die lokalen Organisationen der Arbeiterbewegung verboten: Reichbanner, Eiserne Front; Mitte April dann alle Vereine, die sich ideologisch nicht vereinnahmen ließen: Arbeitergesangvereine, Turn- und Sportvereine, außerdem der Arbeiter-Samariter-Bund, die Arbeiterwohlfahrt.

Mit den Verhaftungen, dem Ende der Pressefreiheit, den ersten Boykotten jüdischer Geschäfte hätte der Charakter des terroristischen Regimes eigentlich offensichtlich sein müssen und dennoch: Die Menschen ließen sich täuschen. Und das wird an keinem anderen Tag so deutlich, wie am 1. Mai! Die Kreisleitung Lippe der NSBO hatte bereits Anfang April mit den Vorbereitungen einer zentralen Kundgebung in Detmold begonnen. "Kein NSBO-Mitglied darf dieser Demonstration fernbleiben, die Zeugnis ablegen soll für das lawinenartige Anwachsen der Betriebszellen und für den Gedanken des deutschen Sozialismus", das hatte Kreisleiter Heinz Rostek angeordnet. Sogar der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund rief noch zur Teilnahme am "Tag der nationalen Arbeit", diesem erstmals als Feiertag begangenen 1. Mai auf.

Eingeleitet wurde er schon am Morgen mit betriebsinternen Feiern, bei denen die Einheit von Arbeitgebern und Arbeitnehmern propagiert wurde. Dazu wurden Hakenkreuzfahnen gehisst, Belegschaftsfotos angefertigt und Ansprachen gehalten. Offizieller Start des großen Umzugs war auf dem Rathausplatz. Die Häuser an der Strecke waren mit Fahnen und Girlanden geschmückt. 130 Schmuckwagen lippischer Betriebe zogen durch die Stadt, 14.000 Männer und 4.500 Frauen sollen mitgelaufen sein. Sonderzüge brachten die Menschen in die lippische Landeshauptstadt und zurück. Insgesamt sollen am 1. Mai 1933 in der Detmolder Innenstadt 30.000 Menschen auf den Beinen gewesen sein. Die Propagandaplakate, die mitgeführt wurden, waren von der Gauleitung vorgegeben: "Deutscher Arbeiter! Deine Feierstunde ist da!" "Hinein in die NSBO!" "Die NSBO ist die Deutsche Gewerkschaft!" "Für einen Deutschen Sozialismus!" Man inszenierte sich als Volksgemeinschaft: Niemand war zum Mitlaufen gezwungen, aber man reite sich ein - auch und gerade Teilnehmer der bürgerlichen Schicht. Es kamen Betriebsangehörige, aber auch Betriebsleitungen, bürgerliche Gesangvereine nahmen am Umzug teil, Sportvereine und Turngruppen marschierten mit. Studenten, Kriegsopferverbände, Beamte - all das wäre vor 1933 undenkbar gewesen.

Der folgende Tag, der 2. Mai, war auch in Detmold der Tag des bösen Erwachens. Längst war ein Plan vorbereitet gewesen: Unter dem Kommando von Heinz Rostek wurden die Volkshäuser in Detmold und Bad Salzuflen von SA und SS, die als Hilfspolizei auftraten, besetzt und anschließend von der NSBO übernommen. In "Schutzhaft" genommen wurden an diesem Tag die Gewerkschafter Heinrich Gottenströter, Albert Hansen, August Linne, Wilhelm Rubach, Hermann Bicker und Emil Pinkowski, außerdem der SPD-Unterbezirkssekretär Emil Feldmann. Ihre Privatwohnungen wurden durchsucht und alle Post beschlagnahmt; so wollte man das Netzwerk der Betroffenen ausheben. Von den führenden Gewerkschaftssekretären entging nur Fritz Wagner, Bezirkssekretär des Holzarbeiterverbandes, einer Verhaftung: Er konnte rechtzeitig untertauchen.

Der Detmolder Kreisleiter der NSDAP vermeldete schon am 3. Mai der Gauleitung in Münster, dass die "Gleichschaltungsmaßnahmen" erfolgreich verlaufen seien. Und auch die Presse informierte die Bevölkerung bereits am folgenden Tag vom Ende der freien Gewerkschaften. Unter der Überschrift "Wieder eine Bonzenburg gestürmt" berichtete der "Lippische Kurier", dass bei der Durchsuchung des Volkshauses in den Kassenbüchern Unterschlagungen festgestellt worden seien. Weitere Berichte über Korruptionsfälle beim Holzarbeiterverband sollten folgen. Mit diesen Diffamierungen wollte man die Zerschlagung der Gewerkschaften begründen, und Heinz Rosteck ließ sich als der große Aufräumer feiern.

Das Volkshaus wurde formell unter die Treuhänderschaft der DAF (Deutsche Arbeitsfront) gestellt. Örtlicher "Pfleger" war der SA-Führer Grüttemeyer, ein einschlägig bekannter Mann, Mörder Felix Fechenbachs. Er fungierte als Staatskommissar für das Gewerkschaftswesen in Lippe. Damit war er zuständig für die Gleichschaltung der dem ADGB angeschlossenen Einheitsgewerkschaften sowie den Genossenschaften in Lippe. Das Volkshaus wurde in "Horst Wessel-Haus" umbenannt. Als Treffpunkt der Deutschen Arbeitsfront bliebt es als Versammlungsstätte erhalten. Innenaufnahmen dokumentieren die symbolische Vereinnahmung: Hakenkreuze und eine überdimensionale Hitlerbüste dominierten den Festsaal. Die Zerschlagung der freien Gewerkschaften hatte Auswirkungen auf die Mitgliederzahlen der Deutschen Arbeitsfront: 36.000 Mitglieder waren 1938 in Lippe in dieser Zwangsorganisation zusammengeschlossen.

Zehn Jahre später, nach der Rückübertragung des Gebäudes an den DGB, war das Volkshaus von 1948 bis 1973 wieder ein zentraler Ort der freien Gewerkschaften in Lippe. 1985 musste das stadtbildprägende Gebäude und der wichtige symbolische Ort der Gewerkschaftsbewegung dem Ausbau der Straße weichen. An seinem Nachfolgebau erinnert seit 2015 eine Gedenktafel daran, welche Bedeutung dieser historische Ort für Detmold hatte.

Stadtgeschichtliches Projekt: Historische Filme einer Zeitzeugin

Im Rahmen des stadtgeschichtlichen Projektes „Vom Gigantismus zur historischen Innenstadt“ werden am Dienstag, 16. Mai ab 18 Uhr im Vortragssaal der VHS Detmold, Krumme Straße 20 zwei historische Filme einer Zeitzeugin gezeigt.

Die Hobby-Filmerin Lieselotte Heldmann hat in den 1970er Jahren die Veränderungen in der Stadt auf Super8 festgehalten. Die beiden Dokumentarfilme „Lippe-Detmold eine wunderschöne Stadt“ und „Eine kleine Residenz mausert sich“ dokumentieren, wie die Modernisierungswelle auf das idyllische Stadtbild prallte. Stadtarchivarin Dr. Bärbel Sunderbrink unterlegt die Filme mit ergänzenden Informationen. Der Eintritt ist frei!

Der Vortrag ist die zweite Veranstaltung des stadtgeschichtlichen Projektes „Vom Gigantismus zur historischen Innenstadt“, welches sich mit den Sanierungs- und Verkehrsplanungen nach 1970 in Detmold beschäftigt. Nach der Auftaktveranstaltung im Detmolder Rathaus Ende März wird das Projekt jetzt mit Vortragsveranstaltungen und Stadtrundgängen im Sommer fortgesetzt.

Gesucht werden Bürgerinnen und Bürger, die noch historische Fotos und Erinnerungen an diese spannende politische Zeit in Detmold beisteuern können. Ansprechpartnerin ist die Leiterin des Detmolder Stadtarchivs Dr. Bärbel Sunderbrink unter der Mailadresse stadtarchiv@detmold.de oder telefonisch unter 05232 766-110.

 

 

 

NHV: Wer waren die Angeklagten in den Detmolder Hexenprozessen?

Montag, 08. Mai 2023, 19:30 Uhr

Landesarchiv NRW, Abteilung OWL, Willi-Hofmann-Str. 2, Detmold

In Detmold erinnert ein Mahnmal an die Hexenprozesse. Es nennt beispielhaft einzelne Namen und verweist auf eine Liste sämtlicher bekannten Hexenprozesse gegen Beschuldigte aus der Stadt Detmold und den eingemeindeten Orten. Hiervon ausgehend sollen Fälle aus dem Detmolder Raum in biographischer Annäherung genauer vorgestellt werden. Gaben die Angeklagten durch ihre Person oder ihr Verhalten tatsächlich Anlass zu den Gerüchten und Prozessen, oder sind sie zufällig in die Verfolgung geraten? Welche Faktoren spielten eine Rolle für den Ausgang der Prozesse? Und - anknüpfend an das Thema der Auswirkungen auf die Familien - geht es um die Frage, in welchem Maße die Angehörigen und nachfolgenden Generationen über die juristischen Verfahren hinaus von den Geschehnissen betroffen blieben.

Referent: Dr. Nicolas Rügge, Leiter der Abteilung Hannover des Niedersächsischen Landesarchivs

In Kooperation mit dem Arbeitskreis Hexenverfolgung, dem Bildungsreferat der Lippischen Landeskirche und dem Stadtarchiv Detmold

 

 

Verbot und Verfolgung - Gedenken an die Stürmung der Gewerkschaftshäuser am 2. Mai 1933

Am 2. Mai 1933 stürmten Nationalsozialisten im ganzen Land Gewerkschaftshäuser, Büros und Wohnungen. Gewerkschafter*innen, die sich der Gleichschaltung der Gewerkschaften widersetzten, wurden verschleppt und gefoltert. In Detmold besetzten die Nationalsozialisten das Volkshaus und verhafteten die anwesenden Beschäftigten. 2023 jährt sich das bittere Ereignis zum 90. Mal. Mit einer würdigen Gedenkveranstaltung möchten wir an die Ereignisse erinnern.

10. Mai 2023, 18 Uhr
Restaurant „unARTig“ Felix-Fechenbach-Berufskolleg
Grußwort: Wolfgang Wilden
Referent: Dr. Wolfgang Uellenberg-van Dawen
Referentin: Dr. Bärbel Sunderbrink

Anmeldung erwünscht: paderborndgb.LOESCHE_DIES.de

Stadtführung

Im Rahmen des Toleranz-Tunnels bietet das Stadtarchiv Detmold eine Stadtführung an:

Samstag, 29. April, 15 Uhr: Detmold 1933. Orte der Demokratie und Diktatur. Treffpunkt zum Rundgang: 15 Uhr Theater. Dauer 1,5 -2 Std.

Dr. Bärbel Sunderbrink. Veranstaltung des Stadtarchivs Detmold. Kostenfrei.

1933 war das Jahr der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Der Rundgang führt zu historischen Orten, die für dieses Ereignis besondere Bedeutung hatten. Im Lippischen Landestheater kam es bereits 1932 zu einen antisemitischen Übergriff auf den Vortragskünstler Joseph Plaut. Der Lippische Landtag am Kaiser-Wilhelm-Platz verlor mit der Landtagswahl vom 15. Januar 1933 seine demokratische Mehrheit. Bald saßen Schutzhäftlinge in den Zellen des benachbarten Gerichtsgefängnisses ein. Weiter geht es zum Gebäude des Volksblatts, wo der jüdische Journalist Felix Fechenbach bis zum Verbot der Zeitung scharfe Kritik an den Nationalsozialisten übte. Der Rundgang schließt am Rathaus, wo sich Oberbürgermeister Dr. Emil Peters nach der Reichstagswahl vom 5. März 1933 weigerte, die Hakenkreuzflagge zu hissen.

 

 

Gedenktafel für Joseph Plaut am Landestheater Detmold

Die vom Salzufler Künstler Horst Schneider gestaltete Gedenktafel für den in Detmold geborenen jüdischen Vortragskünstler Joseph Plaut wurde am 11. April am Landestheater feierlich enthüllt. Die Historikerin und Mitarbeiterin des Stadtarchivs Detmold Gudrun Mitschke-Buchholz erinnerte an Plauts Leben und Wirken und lobte: „Das Landestheater Detmold stellt sich nun ein weiteres Mal der Geschichte und dokumentiert öffentlich, dass auch das Theater ein Ort eines antisemitischen Übergriffs war. Das Theater stellt sich damit öffentlich sichtbar auf die Seite des jüdischen Künstlers Joseph Plaut.“ Alt-Bürgermeister Friedrich Brakemeier las einen Text Plauts und begrüßte die Gedenktafel als „sichtbares Erinnerungsstück an dem Ort an dem er gewirkt hat“. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von Künstlern des Landestheaters.

Das Datum der Enthüllung ist nicht zufällig gewählt, es ist der Jahrestag des sogenannten Theaterskandals von 1932. Am 11.04.1932 trat Joseph Plaut im Landestheater auf und sang u. a. das bekannte und beliebte Spottlied auf die „Lippischen Schützen“. Die Ortsgruppe der NSDAP fasste dies als Provokation auf und störte die Aufführung mit Pöbeleien und Stinkbomben, wie die Lippische Landeszeitung berichtete. Joseph Plaut überlebte den NS-Terror, da er bereits 1936 emigrieren konnte.

Der Salzufler Künstler Horst Schneider war mit der Idee, den Kopf von Josef Plaut zu modellieren, an die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit herangetreten, wie die Vorsitzende Micheline Prüter-Müller berichtete, und hatte um einen informierenden Begleittext gebeten. So entstand die Gedenktafel als Gemeinschaftswerk. Horst Schneider führt in Bad Salzuflen eine Werkstatt für Stuckarbeiten und ist als kundiger und kreativer Restaurator in ganz Europa unterwegs.

80 Jahre Niederschlagung Warschauer Ghettoaufstand

Dr. Bärbel Sunderbrink: 80 Jahre Niederschlagung Warschauer Ghettoaufstand
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Haus Münsterberg, Hornsche Straße 38, Detmold

Als das Warschauer Ghetto im April 1943 aufgelöst werden sollte, war es der Detmolder SS- und Polizeiführer Jürgen Stroop, der diese „Aktion“ leitete. 56.000 Menschen wurden dabei umgebracht. Stroops Bericht mit dem Titel „Es gibt keinen jüdischen Wohnbezirk in Warschau mehr!“ dokumentiert sein brutales Vorgehen.

Die deutschen Besatzungstruppen hatten nach dem Überfall auf Polen 1940 in Warschau ein Ghetto eingerichtet. Auf engstem Raum wurden insgesamt eine halbe Millionen Menschen eingepfercht, zunächst polnische Juden, später auch Juden aus dem Deutschen Reich - auch aus Lippe und 32 Menschen aus Detmold. Im Rahmen der "Endlösung der Judenfrage" sollte das Ghetto aufgelöst und die Menschen ins extra dazu eingerichtete Vernichtungslager nach Treblinka gebracht werden. Am 19. April 1943 begann die Räumung des Ghettos. Himmler hatte den als durchsetzungsstark geltenden SS-Brigadeführer Jürgen Stroop zum Leiter dieser "Aktion" bestimmt. Als es zu bewaffnetem Widerstand kam, setzte Stroop schwere Geschütze ein. Die Menschen im Ghetto hatten keine Chance gegen die deutsche Übermacht.

Jürgen Stroop erklärte die "Aktion" am 16. Mai 1943 mit der Sprengung der Großen Synagoge für beendet. Nach dem Zweiten Weltkrieg musste sich Jürgen Stroop vor einem US-Militärgericht wegen der Ermordung amerikanischer Flieger verantworten. Nach Beendigung des Prozesses wurde er nach Polen ausgeliefert. Dort hat ihn das höchste polnische Gericht für seine Verbrechen im Warschauer Ghetto zum Tode verurteilt.

Die Stadtarchivarin Dr. Bärbel Sunderbrink hält anlässlich des Jahrestages einen Vortrag über die Niederschlagung des Warschauer Ghetto Aufstandes. Beginn ist um 19.30 Uhr.

 

 

Im Rahmen des Toleranz-Tunnels bietet das Stadtarchiv Detmold eine Stadtführung an

Samstag, 29. April, 15 Uhr: Detmold 1933. Orte der Demokratie und Diktatur.

Treffpunkt zum Rundgang: 15 Uhr Theater. Dauer 1,5 -2 Std.  

Dr. Bärbel Sunderbrink. Veranstaltung des Stadtarchivs Detmold. Kostenfrei.

1933 war das Jahr der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Der Rundgang führt zu historischen Orten, die für dieses Ereignis besondere Bedeutung hatten. Im Lippischen Landestheater kam es bereits 1932 zu einen antisemitischen Übergriff auf den Vortragskünstler Joseph Plaut. Der Lippische Landtag am Kaiser-Wilhelm-Platz verlor mit der Landtagswahl vom 15. Januar 1933 seine demokratische Mehrheit. Bald saßen Schutzhäftlinge in den Zellen des benachbarten Gerichtsgefängnisses ein. Weiter geht es zum Gebäude des Volksblatts, wo der jüdische Journalist Felix Fechenbach bis zum Verbot der Zeitung scharfe Kritik an den Nationalsozialisten übte. Der Rundgang schließt am Rathaus, wo sich Oberbürgermeister Dr. Emil Peters nach der Reichstagswahl vom 5. März 1933 weigerte, die Hakenkreuzflagge zu hissen.   

 

 

Koloniale Spuren in Detmold. Ein Stadtrundgang

In Kooperation mit der VHS Detmold-Lemgo und dem Naturwissenschaftlichen und Historischen Verein 
Treffpunkt: Dienstag, 13. Juni 2023, 17 Uhr, Bismarckstraße / Paulinenstraße.

Die Koloniale Vergangenheit Deutschlands ist ein historisches Thema, dessen Nachwirkungen erst in den letzten Jahren ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gedrungen sind, dies aber nun mit großer Aufmerksamkeit. Stadtarchivarin Dr. Bärbel Sunderbrink und die Kulturwissenschaftlerin Dr. Barbara Frey stellen auf dem Rundgang Stationen vor, die Detmolds Geschichte mit der kolonialen Vergangenheit verbinden. Der Rundgang startet am Kaiser-Wilhelm-Platz und führt entlang des Lippischen Landesmuseums, Theaters und Schlosses weiter zur Bruchstraße, wo sich bis in die 1950er Jahre einer der zahlreichen Kolonialwarenläden befand. In der Langen Straße wurde Tabak aus Kuba und Sumatra verarbeitet und in der Martin-Luther-Kirche erinnert eine Gedenktafel an einen Matrosen, der bei der Eroberung der ersten deutschen Kolonie sein Leben ließ. Weitere Stationen finden sich an der Hornschen Straße: Dort druckte die Firma Klingenberg exotische Werbebilder. Das Ebertsche Palais, heute Lippische Landesbibliothek, zeugt von dem ungeheuren Wohlstand, der im Kolonialhandel erworben werden konnte.


Informationen: Dr. Bärbel Sunderbrink, 0521/766-110 oder stadtarchiv@detmold.de

 

 

Stadtsanierung in Detmold: Vom Gigantismus zur historischen Innenstadt

Wir laden ein zur Auftaktveranstaltung des neuen Stadtgeschichtlichen Projekts

Stadtsanierung in Detmold:

Vom Gigantismus zur historischen Innenstadt

Dienstag, 21.03.2023 um 18:00 Uhr

Rathaus am Markt, Großer Sitzungssaal, Marktplatz 5

Dr. Bärbel Sunderbrink (Leiterin Stadtarchiv Detmold), Friedrich Brakemeier (Altbürgermeister) und Petra Schröder-Heidrich berichten über das Projekt und erklären, wie Detmolder Bürgerinnen und Bürger mit persönlichen Erinnerungen, Fotos oder Dokumenten dazu beitragen können.

In den 1970er Jahren gab es in Detmold städtebauliche Planungen, die nach einer möglichen Realisierung die historische Altstadt weitgehend zerstört hätten. Die Vorschläge des Stadtplaners Spengelin wurden als größte städtebauliche Entwicklung gefeiert. Abbruch statt Erhaltung galt als Aufbruch in die Moderne.

Doch der Widerstand formierte sich: Aus zum Teil persönlicher Betroffenheit heraus, aber vor allem aufgrund bürgerschaftlicher Verantwortung für den Erhalt der historischen Bausubstanz gründete sich 1973 die „Bürgeraktion Stadtsanierung“. Als Symbol für die drohende Zerstörung der Innenstadt gilt der Abriss des „Petrischen Palais“ am heutigen Hasselter Platz. Der Verlust des Baudenkmals konnte nicht verhindert werden, aber erhöhte den Druck aus der Bürgerschaft auf die Ratsparteien und führte zum Umdenken der politischen Entscheidungsträger.

Der Eintritt ist frei!

Kontakt: Dr. Bärbel Sunderbrink                       

stadtarchivdetmold.LOESCHE_DIES.de              

05231/766110

 

 

 

Lokal trifft Global. Neue Forschungen zur Kolonialgeschichte

Bildnachweis: Lippisches Landesmuseum

Vortragsveranstaltung am Dienstag, 28. Februar 2023

Lokal trifft Global. Neue Forschungen zur Kolonialgeschichte

Dr. Barbara Frey, Dr. Bärbel Sunderbrink, Dr. Amir Theilhaber

In Nordrhein-Westfalen ist die Kolonialgeschichte als neues Forschungsfeld entdeckt. Dass dabei das Land Lippe und die Stadt Detmold wichtige Rollen spielen, zeigen drei HistorikerInnen, die sich auf unterschiedliche Weise dem Thema genähert haben. Amir Theilhaber, Universität Bielefeld, untersucht die Sammlungen des Lippischen Landesmuseums. Barbara Frey, Kulturwissenschaftlerin, beschäftigt sich mit Menschen aus Lippe, die in Kolonien berufliche Perspektiven suchten. Bärbel Sunderbrink, Stadtarchivarin, untersucht in Detmold das Engagement bürgerlicher Kreise in der Kolonialbewegung.
Die drei Wissenschaftler berichten über ihre Forschungsergebnisse und stellen das neue Buch „Nordrhein-Westfalen und der Imperialismus“ vor.

Der Vortrag findet im Stadtarchiv/Landesarchivs, Willi-Hofmann-Str. 2, 32756 Detmold, um 19.30 Uhr statt.

Die Veranstaltung ist eine Kooperation des Naturwissenschaftlichen und Historischen Vereins Lippe in Kooperation mit dem Stadtarchiv Detmold und der VHS Detmold-Lemgo.

Abiturient:innen beschäftigen sich mit der Riga-Deportation

Noch bis zum 24. März ist im Detmolder Rathaus die Ausstellung „Riga: Deportation – Tatorte – Erinnerungskultur“ des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge zu sehen.

Das Stadtarchiv Detmold hat dazu eine lokalgeschichtliche Ergänzung erarbeitet. „Abgemeldet nach Riga“. Dieses Angebot nutzte der Geschichts-Zusatzkurs der Q2 des Grabbe-Gymnasiums: Mit ihrem Lehrer Johannes Stüer kamen sie ins Rathaus, wo sie Stadtarchivarin Dr. Bärbel Sunderbrink über die erste Deportation 1941 nach Riga informierte. Die Schüler:innen entschlüsselten selbst historische Quellen und setzten sich mit einzelnen Biografien Deportierter auseinander. Am Schluss stand die Frage der Erinnerungskultur: Ziel der Nationalsozialisten war es, die Opfer vergessen zu machen. Die Auseinandersetzung mit dem Schicksal der Betroffenen soll dem entgegen wirken.

Information zu Einführungen für Schulgruppen: stadtarchivdetmold.LOESCHE_DIES.de     

 

 

 

 

Feierliche Unterzeichnung der Beitrittsurkunde der Stadt Detmold zum Deutschen Riga-Komitee

Di, 31. Januar, 17 Uhr, Rathaus Detmold

Feierliche Unterzeichnung der Beitrittsurkunde der Stadt Detmold zum Deutschen Riga-Komitee

Es sprechen

  • Bürgermeister der Stadt Detmold Frank Hilker
  • Regierungspräsidentin Anna Katharina Bölling
  • Winfried Nachtwei MDB a.D., Mitinitiator des Riga-Komitees
  • und Dr. Bärbel Sunderbrink, Stadtarchivarin: Nachbarn von nebenan – verschollen in Riga.
  • Joanne Herzberg, Jüdische Vorsitzende,
  • und Kristina Panchyrz, Geschäftsführerin der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Lippe e.V.

Das vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge gegründete Städtebündnis hält das Erinnern und Gedenken an die nach Riga verschleppten und Ermordeten Menschen wach. Als die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Lippe e.V. 2020 dem Rat der Stadt Detmold den Beitritt zum Deutschen Riga-Komitee vorschlug, waren die Ratsmitglieder einstimmig der Ansicht, dass dies ein wichtiger Schritt ist, um die Arbeit des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Riga zu unterstützen. Durch ihren Beitritt möchte die Stadt Detmold dazu beitragen, für die NS-Opfer des Ghettos Riga einen würdigen Ort des Gedenkens zu schaffen und zu bewahren.

 

So, 29. Januar, 11.30 Uhr, Stadthalle, Kleiner Festsaal

Filmmatinee „Wir haben es doch erlebt. Das Ghetto von Riga“

Rund 22.000 Juden wurden aus dem Deutschen Reich nach Riga, im von deutschen Truppen besetzten Lettland, verschleppt, unter ihnen auch Detmolder. Der Filmemacher Jürgen Hobrecht hat die Spuren der mit dem Namen „Riga“ verbundenen Verbrechen und Schicksale dokumentiert.

Eine Veranstaltung des Stadtarchivs Detmold in Kooperation mit dem LWL-Medienzentrum.

 

 

26. Januar – 24. März 2023, Rathaus Detmold

Ausstellung des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und Stadtarchiv Detmold

Riga: Deportation – Tatorte – Erinnerungskultur

 

 

Die Landtagswahl vom 15. Januar 1933

Foto: Gudrun Mitschke-Buchholz

Warum ist ein Datum aus der Landesgeschichte noch nach 90 Jahren von Bedeutung? Diese Frage wurde bei einer Kooperationsveranstaltung des Christian-Dietrich-Grabbe-Gymnasiums, des Stadtarchivs Detmold und der Landeszentrale für Politische Bildung am Donnerstag, 19. Januar, ausführlich behandelt.

Am 15. Januar 1933 fand in Lippe die von den Nationalsozialisten als „Durchbruchschlacht“ hochstilisierte Landtagswahl statt. 250 Schülerinnen und Schüler, dazu Interessierte aus der Stadtgesellschaft, waren gekommen, um der Szenischen Lesung zu folgen, die vom Geschichts-Zusatzkurs unter Anleitung von Kristina Panchyrz vorbereitet worden war.

Dafür hatten sie sich durch zahlreiche Originalquellen gearbeitet, die nun in verteilten Rollen eindrücklich vorgetragen wurden. Die Lesung und die anschließende historische Einordnung des ehemaligen Leiters des Stadtarchivs, Dr. Andreas Ruppert, machten deutlich, dass die Lippewahl von den Nationalsozialisten als politisches Mittel genutzt wurde, um Hitlers Ernennung zum Reichskanzler in die Wege zu leiten.

Dr. Guido Hitze, Leiter der Landeszentrale für politische Bildung, bekräftigte das und stellte heraus, dass nicht das Ergebnis der Wahl das ausschlaggebende war, sondern dessen Deutung. Seine differenzierte Einordnung der Presselandschaft machte die Schwierigkeit der Informationsbeschaffung deutlich. Dr. Bärbel Sunderbrink moderierte eine Diskussionsrunde, in der sich die Schülerinnen und Schüler differenziert mit den Wahlen auseinandersetzten und dabei den Bezug zur Gegenwart herausarbeiten.

 

 

 

„Das ganze Reich schaut auf das Land Lippe: die Lippewahl vom 15. Januar 1933“

19. Januar 2023, 8:30 bis 11 Uhr, Neue Aula des Grabbe-Gymnasiums

Am kommenden Sonntag ist es 90 Jahre her, dass in Lippe im Jahre 1933 der Landtag nach einem denkwürdigen Wahlkampf gewählt wurde. Aufgrund einer tiefen Krise der NSDAP erlangt diese Wahl unerwartete politische Bedeutung. Nahezu der gesamte Parteiapparat wird mobilisiert und zahlreiche Massenveranstaltungen mit der Parteiprominenz finden in Lippe in den ersten zwei Wochen im Januar 1933 statt.

In den Quellen finden wir besonders in den Zeitungen die unterschiedlichsten Darstellungen und Sichtweisen auf diesen Wahlkampf: In den NSDAP-nahen Blättern wird schwärmerisch von erfolgreichen Massenveranstaltungen geschrieben und Orte wie das Hermannsdenkmal und die Externsteine mythisch überhöht. Demgegenüber steht z.B. der Journalist und Sozialdemokrat Felix Fechenbach, der in bissigen, satirischen Texten u.a. als „Nazi-Jüsken“ offen scharfe Kritik an der NSDAP und dem propagandistisch aufgebauschten Wahlkampf übt. Diesen Jahrestag möchten wir als Anlass nehmen, einen genaueren, kritischen Blick auf die Ereignisse in Lippe vor 90 Jahren zu werfen und laden Sie herzlich zur Teilnahme ein.

In Kooperation mit der Landeszentrale für Politische Bildung und dem Stadtarchiv Detmold haben Schüler:innen des Grabbe-Gymnasiums ein Programm vorbereitet, um über den Wahlkampf 1933 zu informieren und darüber in den Austausch zu kommen. Die Lehrerin Kristina Panchyrz, Organisatorin der Veranstaltung, freut sich, Dr. Guido Hitze, den Leiter der Landeszentrale für politische Bildung NRW, den Historiker Dr. Andreas Ruppert und die Stadtarchivarin Dr. Bärbel Sunderbrink an der Schule begrüßen zu dürfen.

 

 

Folgender Ablauf ist geplant:

1. Begrüßung

2. „Jagt den Nazi-Spuk zum Teufel!“ - Der Wahlkampf zur lippischen Landtagswahl im Januar 1933. Eine Szenische Lesung

3. Vortrag von Dr. Andreas Ruppert

4. Podiumsgespräch zwischen Schüler:innen des Grabbe-Gymnasiums, Dr. Andreas Ruppert und Dr. Guido Hitze; Moderation: Dr. Bärbel Sunderbrink

 

Für die Podiumsdiskussion haben sich die Schüler:innen des Grabbe-Gymnasiums im Vorfeld mit unterschiedlichen Aspekten zur Landtagswahl beschäftigt: Der historische Hintergrund zur Landtagswahl in Lippe, ein kritischer Blick auf die erinnerungskulturelle Bedeutung (Inwiefern ist die Erinnerung an dieses Ereignis und die Akteure des Wahlkampfes (auf beiden Seiten) noch heute von Bedeutung (besonders aus der Sicht eines Lippers) und warum gibt es in diesem Jahr nur wenige Veranstaltungen auch zu weiteren Ereignissen aus dem Jahr 1933?), die Methode der Präsentation von historischen Originalquellen durch eine Szenischen Lesung (Distanzierung von den Texten durch Ablesen und teils stockendem Vorlesen) und aktueller Bezüge: Gibt es Parallelen zu heutigen Methoden im Wahlkampf? Inwiefern werden auch heute Orte und Ereignisse - auch in Lippe, z.B. das Hermannsdenkmal - insbesondere für rechte Propaganda instrumentalisiert?

 

Ort der Demokratiegeschichte

Festansprache Dr. Bärbel Sunderbrink anlässlich der Anbringung der Gedenktafel „Ort der Demokratiegeschichte“ am ehemaligen lippischen Landtag am 15.1.2023

Doch was nun – lieber Herr Landtagspräsiden Kuper, liebe Frau Landgerichtspräsidentin Nagel, meine Damen und Herren,

was, zeichnet gerade dieses Haus als Ort der Demokratiegeschichte aus?

Als das Landtagsgebäude 1914 im Beisein von Fürst Leopold und Fürstin Bertha eingeweiht wurde, war die monarchische Staatsform bereits ins Wanken geraten. Ein Fürst, der seinen Herrschaftsanspruch „von Gottes Gnaden“ ableitete, und ein nach dem Dreiklassenwahlrecht zusammengesetztes Landesparlament passten nicht mehr in eine Zeit, die von Industrialisierung und Massenkultur geprägt war. Doch die starken Beharrungskräfte der alten Eliten und der Ausbruch des Ersten Weltkriegs ließen alle Reformforderungen verstummen.

Erst als mit der sich zuspitzenden Kriegslage Kaiser Wilhelm um seine Legitimität bangte und mit seiner „Osterbotschaft“ von 1917 Veränderungen im Wahlrecht ankündigte, wurde auch in Lippe der politische Druck wieder größer. Im Oktober 1918 schließlich stellte Fürst Leopold in einem Aufruf „An mein Volk“ ein allgemeines, wenn auch nicht gleiches Männerwahlrecht in Aussicht.

Zu spät. Die Monarchie hatte ihre Legitimation da bereits verloren: In Berlin wurde am 9. November 1918 die Republik ausgerufen, und als die Revolution Detmold erreichte, verzichtete auch das lippische Fürstenhaus auf seinen Herrschaftsanspruch. Der Volks- und Soldatenrat, also die revolutionäre Übergangsregierung, löste den ständischen Landtag wenig später auf.

Anfang 1919 dann der große Tag der Demokratie, die erste Wahl für den neuen Landtag am Sonntag, 26. Januar. Erstmals waren alle - Frauen und Männer über 20 Jahren – zur Stimmabgabe aufgerufen. Die lippischen Volksvertreter wurden nun nach allgemeinem, gleichem, geheimem und unmittelbarem Wahlrecht gewählt. Eine lippische Besonderheit: Es gab zunächst eine Wahlpflicht.

21 Abgeordnete bildeten die neue Volksvertretung. Die Revolutionsparteien SPD und die linksliberale Deutschen Demokratischen Partei (DDP) erlangten mit zusammen 15 Sitzen eine deutliche Mehrheit im Parlament, und mit der Wäschenäherin Auguste Bracht aus Oerlinghausen war vom ersten Tag an eine Frau dabei.

Dabei hatte es in diesem Punkt Diskussionen um das Wahlrecht gegeben: Bis in das liberale Lager hinein wurde in Lippe die Forderung nach einer Karenzzeit laut. Da man sich um die politische Mündigkeit der Frauen sorgte, sollte das passive Wahlrecht für die kommenden zwei Wahlperioden ausgesetzt werden. Nach zehn Jahren – so das Argument – hätten sich die Frauen eingearbeitet und könnten sich als Kandidatinnen aufstellen lassen. Das Reichsrecht schob solchen Überlegungen einen Riegel vor; die Wahllisten der Parteien sorgten aber weiterhin dafür, dass Frauen kaum Chancen auf ein Mandat hatten. Nur insgesamt fünf Frauen gehörten den Lippischen Landtagen an.

Eine der ersten Entscheidungen des Landtags betraf die Landesverfassung, mit der die parlamentarische Republik als Staatsform festgeschrieben wurde.

Der Landtag wählte als oberstes Staatsorgan ein Kollegium aus drei Personen, das Landespräsidium. Dieses Gremium stellte unter den Verfassungen aller Länder ein Unikum dar. Es band unterschiedliche politische Kräfte zusammen und wirkte damit über die gesamte Weimarer Zeit als stabilisierender Faktor. Eine Schlüsselrolle innerhalb des Landespräsidiums hatte der als Pragmatiker bekannte Sozialdemokrat Heinrich Drake inne.

Die Probleme, die in diesem Plenarsaal zu verhandeln waren, waren komplex. Soziale Reformmaßnahmen hatten angesichts der strukturellen Probleme großes Gewicht in der Landespolitik. Der Arbeitsmarkt für die lippischen Wanderziegler war nach dem Ersten Weltkrieg zusammengebrochen, außerhalb der Holzwirtschaft gab es kaum Industrie. Für die zurückgekehrten Soldaten wurden Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auf den Weg gebracht. Flächen des ehemaligen Domaniums wurden mit staatlicher Hilfe kultiviert, und in beträchtlichem Rahmen Wohnungsbaumaßnahmen angestoßen. Ein weiteres wichtiges Handlungsfeld war der Ausbau des Schulwesens. 1919 wurde hier im Saal das erste Fortbildungs-Schulgesetz Deutschlands verabschiedet, denn Bildung stellte für die junge Demokratie einen besonderen Wert dar.

Die permanente Finanzknappheit des Landes hatte auf das wichtigste Recht des Landtags, das Budgetrecht, großen Einfluss. Über die gesamte Weimarer Zeit hinweg stand die Frage im Raum, ob Lippe als selbständiger Staat überhaupt überlebensfähig war. Überlegungen zu einer umfassenden Reichsreform hatte es schon seit 1919 gegeben. Zwei Lösungen wurden vor allem diskutiert: die Angliederung des Freistaats an Preußen und die Bildung eines neuen Mittelstaates im Weserraum. Da die Reichsreformdebatte aber nicht vorankam, konnte der lippische Kleinstaat trotz aller Sparpolitik seinen Landeshaushalt nur durch Ergänzungszahlungen vom Reich sichern.

Doch – meine Damen und Herren – nicht nur Sachpolitik, auch die Symbolkultur sollte dazu beitragen, die Weimarer Demokratie in der Bevölkerung zu verankern. In diesem Plenarsaal fanden anfangs die zentralen Landesfeiern zum Verfassungstag am 11. August statt. Ein Feiertag für die Republik, der an die Unterzeichnung der Weimarer Verfassung im Jahr 1919 erinnern sollte!

Die Landtagsabgeordneten nahmen daran teil, ebenso Abordnungen von Parteien und Verbänden. Das Detmolder Reichswehrbataillon stellte eine Ehrenkompanie, die Militärkapelle spielte auf. Nur in Berlin wurde der höchste Feiertag der Republik mit ähnlichem Aufwand begangen.

Erst in den allerletzten Jahren der Weimarer Republik erodierte der Rückhalt für die lippische Demokratie. Hatte die SPD bei den Landtagswahlen stets die meisten Wähler erreicht und seit 1921 je 8 bzw. 9 der 21 Landtagsmandate besetzt, nahm die Zustimmung zu der republiktreuen DDP immer weiter ab. Seit der Wahl von 1929 erstarkten die republikfeindlichen Kräfte erschreckend schnell, und seit 1931 stellte die NSDAP durch einen Überläufer aus der Landvolkpartei erstmals einen Landtagsabgeordneten. Die rechtsnationale DNVP und rechte Splitterparteien ließen nun keine Gelegenheit mehr aus, die Parlamentsarbeit zu sabotieren und durch Volksbegehren die Legitimation der Volksvertretung zu untergraben. Doch während in Berlin jeder der gewählten Reichstage vorzeitig aufgelöst wurde, war das bei den vier lippischen Landtagen zwischen 1919 und 1933 nie der Fall.

Als dann an der Wende zum Jahr 1933 das Land Lippe ins Visier der NSDAP geriet, die ihre Verluste auf Reichsebene kompensieren wollte, schaute unerwartet ganz Deutschland auf den Kleinstaat. Der Landtagswahlkampf vor nunmehr 90 Jahren sucht seines Gleichen: Die NS-Prominenz zog über die lippischen Dörfer, Hitler selbst trat als Redner bei 16 der unzähligen Wahlveranstaltungen auf.

Der Wahlsieg der NSDAP war zu erwarten. Sie errang 39,5 % der Stimmen. Zwar war das Ergebnis von der absoluten Mehrheit weit entfernt, machte die NSDAP aber mit 9 Abgeordneten gleich zur stärksten Fraktion. Doch hätte es keine Unterstützung durch die bürgerlichen Parteien gegeben, hätte die NSDAP keine Mehrheit für ihr Landespräsidium zusammenbringen können.

Propagandistisch wurde die Lippewahl vom 15. Januar 1933 als „Durchbruchschlacht zur nationalen Revolution“ aufgeladen. Das Votum der Wählerinnen und Wähler in Lippe wurde als Beweis für das Wiedererstarken der Partei gedeutet und die Kanzlerschaft Hitlers nun vehement eingefordert – mit Erfolg. Reichspräsident Hindenburg ernannte zwei Wochen nach der Lippe-Wahl Adolf Hitler zum Reichskanzler.

Dass es gerade die Landtagswahl in Lippe war, in der die NSDAP ihre ungebrochene Schlagkraft unter Beweis stellen wollte, war ein historischer Zufall. Später wurde daraus ein Mythos; doch es gab kein „Hermannsland“, dass befreit werden musste, wie die Wahlplakate der NSDAP es forderten. Die Lipperinnen und Lipper haben Hitler nicht – wie es der Mythos glauben machen wollte – an die Macht gebracht und sie waren auch nicht die Vorreiter des sogenannten Dritten Reichs. Dennoch hatte diese Landtagswahl am 15. Januar eine hohe symbolische Bedeutung über Lippe hinaus für das Ende der Weimarer Demokratie.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Reich am 30. Januar 1933 begann die Phase der sogenannten Gleichschaltung. Zwar trat der lippische Landtag weiter zusammen, aber nach der Reichstagswahl vom 5. März wurde er neu zusammengesetzt. Nun verfügte die NSDAP zusammen mit der DNPV über eine 2/3 Mehrheit im Landtag. Die KPD war nach dem Reichstagsbrand in die Illegalität gezwungen worden und auch die letzten fünf SPD-Abgeordneten nahmen aufgrund der massiven Bedrohungen und Inhaftierungen nicht mehr an den Landtagssitzungen teil.

Auf dem Gebäude wehte längst die Hakenkreuzfahne, als die verbliebenen Landtagsmitglieder am 21. Juni 1933 dem Ermächtigungsgesetz zustimmten und damit der Landesregierung ihr Gesetzgebungsrecht übertrugen. Danach wurde der Landtag nicht mehr einberufen.

Anders als etwa in Schaumburg-Lippe trat der Landtag in Detmold gut ein Jahr nach dem Ende der NS-Diktatur am 9. Mai 1946 wieder zusammen. Die 31 Mitglieder waren nicht gewählt, sondern von der britischen Militärregierung ernannt. Dieser Landtag hatte noch einmal Bedeutung, als die britische Militärregierung im Sommer 1946 die Angliederung an Niedersachsen verlautbarte. Der Landtag protestierte und hatte damit Erfolg. Über die anschließend von Landespräsident Heinrich Drake und NRW-Ministerpräsident Rudolf Amelunxen ausgehandelten „Lippischen Punktationen“ stimmte er allerdings nicht ab.

Die letzte feierliche Sitzung hier im Lippischen Landtag fand am 21. Januar 1947 statt. Mit der Verordnung Nr. 77 der britischen Militärregierung verlor das Land Lippe seine Selbständigkeit und wurde dritter Teil des Landes Nordrhein-Westfalen. Damit war auch das einzige demokratische Landesparlament, das vor 1946 auf dem Territorium des heutigen Landes NRW existiert hatte, Geschichte.

Die Interessen der lippischen Bevölkerung werden seither im NRW-Landtag in Düsseldorf vertreten. Warum also noch an den lippischen Landtag als Ort der Demokratiegeschichte erinnern?

Unsere Demokratie hat starke Wurzeln in der Zeit der Weimarer Republik. Dieser Landtag ist also ein Ort, an dem an das Ringen um die besten politischen Lösungen in der ersten deutschen Demokratie erinnert werden kann; an Debattenkultur und erstmals auch die Teilhabe von Frauen daran. Hier kann beobachtet werden, wie die demokratischen Kräfte versuchten, eine Identifikation mit der Republik zu verfestigen. Hier aber ist auch der Ort, an dem das Scheitern der ersten deutschen Demokratie sichtbar wird – der Stabilitätsverlust in einer wirtschaftlich angespannten Zeit und das Einreißen der Brandmauer des bürgerlichen Milieus gegenüber den extremen Rechten; die Wirkung neuer Propaganda-Mittel und die Landtagswahl vor genau 90 Jahren, die der Machtübernahme der Nationalsozialisten einen legalen Anstrich verlieh.

Dieser Ort – meine Damen und Herren – ist ein authentischer Ort der Demokratiegeschichte. Er zeigt, dass ein demokratischer Verfassungsstaat keine Selbstverständlichkeit ist.

 

Dr. Markus Lang, Projektleiter "Orte der Demokratiegeschichte" von der Gesellschaft zur Erforschung der Demokratie-Geschichte e.V. hat dazu einen Beitrag verfasst: Landtag Lippe als Ort der Demokratiegeschichte markiert

 

 

 

  

27. Januar - Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus

27.01.2023, Freitag, 17 Uhr
Zentrale Gedenkveranstaltung
Gymnasium Leopoldinum, Neue Aula
„ERINNERN UND GEDENKEN“
– an die Opfer des Nationalsozialismus

Zum Programm: Flyer

 

 

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